Montag, 21. März 2011

Offener Brief an die Zaltho Sangha e.V.

Herrn
Roger ShoShin Markwart
1. Vorsitzender der Zaltho Sangha Deutschland
Hochfellnstraße 17
83233 Bernau

Frau
Marion GenRai Lukas
Kontaktperson für Claude AnShin Thomas in Deutschland
Hermann-Nörrenberg-Str. 17
51379 Leverkusen


Verehrte Weggefährten,

man sollte annehmen können, dass gerade ein amerikanischer Zenlehrer den 'Fall' Eido Shimano und 'Zen Studies Society', der in den letzten Monaten in der amerikanischen Öffentlichkeit breit diskutiert wurde, aufmerksam verfolgt und daraus Lehren gezogen hat. Vor allem jedoch die Lehre, dass es bei sexuellem Fehlverhalten von jemandem, der die Autorität eines Dharma-Lehrers beansprucht, nur einen Weg gibt, das Problem zu lösen: man muss ihm diese Autorität nehmen, indem man deutlich und öffentlich erklärt, dass er eben diese Autorität missbraucht.

Der deutsche Verleger und Blogger Guido Keller hat sich kürzlich an die Zaltho Foundation in den USA gewandt, "um sicher zu gehen, dass er [Claude AnShin Thomas] auch weiß, worauf er sich einlässt", wenn er vom 17. - 19. Juni 2011 in einer Einrichtung der Frankfurter Pagode Phat Hue eine Veranstaltung leitet. Der Blogartikel ist hier nachzulesen: http://der-asso-blog.blogspot.com/2011/03/wird-claude-anshin-thomas-den-thich.html.

Ich zitiere aus der Anwort, die er erhielt:

"Claude AnShin Thomas is aware of the information that you are presenting in your email regarding the Vietnamese Zen Teacher Thich Thien Son. Let me respond in short that in the face of deep suffering it is those who are authorized and certified to teach to visit with those who are deemed 'unfit' or 'immoral'. It is in these critical times that it becomes quite necessary to not isolate this community but to see what can be done to provide the support necessary to those within the community who may be in need."
Die Antwort der Zaltho Foundation empfinde ich - und für diese Empfindung entschuldige ich mich nicht - als ausgesprochen 'weasely'; wenn auch nicht in dem Ausmaß wie das, was man von "Thich" Thien Son in den letzten Monaten so alles gehört hat.

Genau das hier:
"It is in these critical times that it becomes quite necessary to not isolate this community"
 - hat man in den USA jahrzehntelang mit Eido Shimano und der Zen Studies Society getan. Mit dem Erfolg, dass Eido Shimano sein Treiben ungestört fortsetzen konnte; dass die Zeiten unverändert 'critical' blieben.

Das Gegenteil ist richtig. Die buddhistischen Laien können und dürfen erwarten, dass Dharma-Lehrer sehen, dass sie auch eine Verpflichtung zur 'peer control' haben und dass sie diese Verpflichtung ernst- und annehmen. Die sechste Kai enthebt niemanden dieser Verpflichtung, sie macht diese Verpflichtung vielmehr als Übungsfeld zu einer besonderen Herausforderung.

Die Fälle Eido Shimano, "Thich" Thien Son und viele andere haben gezeigt, dass sich bei sexuellem Fehlverhalten durchaus Parallelen zu Alkoholismus ziehen lassen. Und wie es bei Alkoholismus im sozialen Umfeld einen Ko-Alkoholismus gibt, so gibt es auch bei notorischem und wiederholtem sexuellem Fehlverhalten ein das Problem begünstigendes und verschärfendes Verhalten des Umfeldes. Das angekündigte "not isolate this community" ist nach meiner Auffassung genau diese Art 'compliance' - und der Übergang von 'compliance' zur Komplizenschaft ist fließend. Die Äußerungen der Zaltho Foundation im Auftrag von Claude AnShin Thomas sind in meinen Augen schlicht beschämend.

Die DBO hat im Fall des Frankfurter 'Abtes' die Konsequenz aus dessen Uneinsichtigkeit und Unbelehrbarkeit gezogen. Im Fall Eido Shimano und 'Zen Studies Society' hat die Mehrzahl der amerikanischen Zen-Lehrer ebenfalls die Konsequenz gezogen. Spät genug.

Man kann - wie es Guido Keller tut - spekulieren, ob hier eine gewisse "Erbschwäche" in der Linie Maezumi Roshis eine Rolle spielt. Das halte ich persönlich weder für von Interesse noch zielführend. Taizan Maezumi Roshi ist tot. Claude AnShin Thomas lebt und er ist hier und jetzt gefordert, der Verantwortung, die er trägt als jemand, der "authorized and certified to teach" ist, gerecht zu werden. Sich sehenden Auges als Werbefigur vor den Karren des 'Abtes' spannen zu lassen, wird dieser Verantwortung in meinen Augen nicht gerecht und die Situation im Umfeld des 'Abtes' in einem Drei-Tages-Retreat zum Besseren zu wenden ("provide the support necessary to those within the community who may be in need") wird auch einem Claude AnShin Thomas nicht gelingen, falls es sich hier tatsächlich um eine ernsthafte Absicht und keine Ausflucht handeln sollte.

Die Veranstaltung, die AnShin Thomas unter der Ägide von Phat Hue durchführen will, hat das Motto "Es ist, wie es ist". Ein gutes Motto. Von einem Dharma-Lehrer, der seinen Reis wert ist, darf man aber nicht nur erwarten, dass er sieht, WAS ist und wie es ist - man darf von ihm auch erwarten, dass er offen ausspricht, was er sieht - dass er Unheilsames benennt. Es, wo es konkret zutage tritt, auch konkret benennt - und sich davon tätig distanziert. Gerade von Claude AnShin Thomas wäre das eigentlich zu erwarten gewesen - um so mehr hat mich die Antwort der Zaltho Foundation befremdet.

Ich bitte Sie als Verantwortliche der deutschen Sektion der Zaltho Sangha dringend, auf eine Absage der Veranstaltung hinzuwirken.

Mit freundlichen Grüßen und Gasshô,

Ralf SoGen Boeck

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