Ich sollte es mir natürlich verkneifen, mich in die Erbschaftsstreitigkeiten der buddhistischen Hochländer einzumischen. Zu kehren findet man reichlich Dreck vor jeder Türe, nicht zuletzt vor der eigenen. Es wird Zeit, endlich einen Standard dafür zu entwickeln, was 'BC' ist - nein, nicht 'before christ' sondern 'buddhistically correct', in Anlehnung an PC . Wäre doch mal eine schöne Aufgabe für eine Arbeitsgruppe der Deutschen Buddhistischen Union ...
Mal im Ernst - diese Geschichte hat in der Tat etliche fragwürdige Aspekte. Wobei 'fragwürdig' ja zunächst einmal nicht mehr heisst, als dass Klärungsbedarf besteht. Fragen sind ein hilfreiches Instrument zur Klärung, auch wenn man sie sich nur selbst stellt. Ginge es nur um eine reisende Dharmalehrerin, die sich - ob nun in betrügerischer Absicht, aus einer persönlichen Wahnvorstellung heraus oder doch zu recht, sei mal dahingestellt - als Reinkarnation eines renommierten tibetischen Lamas ausgibt, wäre dies eigentlich keiner weiteren Erwähnung wert. Das ist business as usual. Es gibt jedoch leider reichlich Menschen, die den Ruf der Seriosität, den die buddhistische Lehre in der öffentlichen Meinung genießt, benutzen, um damit kräftig ihre persönlichen Interessen zu befördern. Dahinter muss nicht einmal plumpe Geldgier stehen - in der Regel geht es um die Befriedigung der Ansprüche eines aufgeblähten Egos. Geld spielt da eher eine zweitrangige Rolle, es geht vorrangig um Macht. Nicht politische, sondern persönliche Macht über Andere.
Wenn man die buddhistische Lehre der sechs Existenzbereiche (sad gati) nicht kosmologisch versteht (woran einen schon ein Mindestmaß an naturwissenschaftlicher Bildung hindern sollte), sondern als psychologische Charaktertypologie, dann handelt es sich da um den Typus des Asura. In diese Existenzbereiche wird man 'hineingeboren' - im metaphorischen Sinn. Nicht aus dem Mutterleib geboren, sondern man erschafft sich seinen Existenzbereich durch das persönliche Wollen und das daraus resultierende Handeln. Nicht von Geburt zu Geburt, sondern von Augenblick zu Augenblick. Meister Eckart nennt es 'ewige Geburt'. Asuras jedenfalls sind beeindruckende Wesen - den Göttern ähnlich, aber machtbesessen.
Es ging mir also nicht um Frau Marjorie Quinn - über die ich im Übrigen nur vom Hörensagen zu berichten weiss (insofern ist das mit der 'Entschuldigung' durchaus nicht so ganz unernst gemeint). Es ging mir zunächst einmal generell um als Dharmalehrer verkleidete Asuras. Manche von ihnen genießen sehr viel mehr Popularität als Frau Quinn. Sie nutzen ihre Gefolgsleute materiell und manchmal auch sexuell aus - die besonders talentierten bekommen das, was sie wollen, sogar aufgedrängt. Sie haben nicht notwendig einen luxuriösen Lebensstil, sondern investieren vorrangig in den Aufbau und das Wachstum von Unternehmen, die vorgeben, Erleuchtung zu verkaufen. Als Dharmalehrer verkleidete Asuras machen den Dharma - oder das, was sie dafür ausgeben - zu einer Ware, von deren Verkauf sie ihre Gelüste - welcher Natur auch immer - befriedigen. Und für die sie natürlich Werbung betreiben, oder branding.
Es ist durchaus angebracht, für buddhistische Wegsucher die Warnung auszusprechen, vor Asuras auf der Hut zu sein. Ein Charakteristikum für Asuras, ein deutliches Warnzeichen (wenn auch kein untrügliches Kennzeichen) ist Charisma. Gerade da ist sorgfältige und kritische Prüfung angebracht, bevor man sein Vertrauen und dann womöglich noch mehr verschenkt.
Ein zweiter fragwürdiger Aspekt ist natürlich grundsätzlich das sog. Tulku-System. Also die Rekrutierung von Kindern als vorgeblichen 'Reinkarnationen' verstorbener Amts- und Würdenträger als deren Nachfolger. Von dem dahinter stehenden, in buddhistischer Hinsicht zumindest zweifelhaften Glauben an eine persönliche Wiedergeburt einmal abgesehen (vg. dazu hier) handelt es sich vor allem um eine politische Strategie, die den Fortbestand und die Stabilität (bis hin zur Erstarrung) einer religiösen Elite sichert, indem sie durch Kooptation ergänzt wird - durch Aufnahme von Kindern in möglichst frühem Alter, die dann intensiv durch Angehörige der Elite und selbstverständlich streng in ihrem Sinne erzogen und geschult werden. Was so etwas für das Kind bedeutet, ist nicht die unbedeutendste der fragwürdigen Fragen in diesem Zusammenhang.
Eben dieser politische Aspekt spielt in dieser Domo-Geshe-Angelegenheit eine nicht unbedeutende Rolle. Dabei geht es natürlich nicht um Frau Quinn. Es geht um zwei Fraktionen innerhalb der tibetischen Gelugpa-Sekte, die einen erbitterten Machtkampf ausfechten, für den symbolisch die Figur des Dorje-Shugden steht. Der verstorbene Domo Geshe Rinpoche gehörte der traditionalistisch-fundamentalistischen 'Shugden-Fraktion' an und das soll nach Auffassung dieser Fraktion natürlich auch für seine 'Reinkarnation' gelten. Die dann wiederum der Dalai Lama als Exponent der 'Modernisten' natürlich aus gar nicht so schwer verständlichen Beweggründen nicht anerkennen mag - und natürlich 'findet' er dann auch die 'wahre' Reinkarnation Domo Geshes, setzt ihn ein und erkennt ihn an. Und sorgt natürlich für seine Erziehung und Ausbildung. Ähnliches gab es schon nach dem Tod des Karmapa - besonders delikat, weil es sich da nicht um eine Gelugpa-Angelegenheit handelte, in die der Dalai Lama Partei nehmend eingriff, sondern eine innere Angelegenheit der Karma Kagyü ...
Wie auch immer - natürlich hat dies, so ernst das Thema ist, auch durchaus seine komischen Aspekte. Und seine persönlichen. Anmerkung: Die beiden gestern geposteten Videos gelangten nicht zuletzt deswegen in diesen Blog, weil das eine für mich eine schöne Reminiszenz an meinen Parisaufenthalt letztes Jahr ist und das andere - singe ich selbst gelegentlich als Mitglied eines Gesangvereins. Ansonsten - ich konnte mir nicht helfen - hat mich das dann halt doch irgendwie an die Kontroverse um den wahren Heino erinnert.
Mal im Ernst - diese Geschichte hat in der Tat etliche fragwürdige Aspekte. Wobei 'fragwürdig' ja zunächst einmal nicht mehr heisst, als dass Klärungsbedarf besteht. Fragen sind ein hilfreiches Instrument zur Klärung, auch wenn man sie sich nur selbst stellt. Ginge es nur um eine reisende Dharmalehrerin, die sich - ob nun in betrügerischer Absicht, aus einer persönlichen Wahnvorstellung heraus oder doch zu recht, sei mal dahingestellt - als Reinkarnation eines renommierten tibetischen Lamas ausgibt, wäre dies eigentlich keiner weiteren Erwähnung wert. Das ist business as usual. Es gibt jedoch leider reichlich Menschen, die den Ruf der Seriosität, den die buddhistische Lehre in der öffentlichen Meinung genießt, benutzen, um damit kräftig ihre persönlichen Interessen zu befördern. Dahinter muss nicht einmal plumpe Geldgier stehen - in der Regel geht es um die Befriedigung der Ansprüche eines aufgeblähten Egos. Geld spielt da eher eine zweitrangige Rolle, es geht vorrangig um Macht. Nicht politische, sondern persönliche Macht über Andere.
Wenn man die buddhistische Lehre der sechs Existenzbereiche (sad gati) nicht kosmologisch versteht (woran einen schon ein Mindestmaß an naturwissenschaftlicher Bildung hindern sollte), sondern als psychologische Charaktertypologie, dann handelt es sich da um den Typus des Asura. In diese Existenzbereiche wird man 'hineingeboren' - im metaphorischen Sinn. Nicht aus dem Mutterleib geboren, sondern man erschafft sich seinen Existenzbereich durch das persönliche Wollen und das daraus resultierende Handeln. Nicht von Geburt zu Geburt, sondern von Augenblick zu Augenblick. Meister Eckart nennt es 'ewige Geburt'. Asuras jedenfalls sind beeindruckende Wesen - den Göttern ähnlich, aber machtbesessen.
Es ging mir also nicht um Frau Marjorie Quinn - über die ich im Übrigen nur vom Hörensagen zu berichten weiss (insofern ist das mit der 'Entschuldigung' durchaus nicht so ganz unernst gemeint). Es ging mir zunächst einmal generell um als Dharmalehrer verkleidete Asuras. Manche von ihnen genießen sehr viel mehr Popularität als Frau Quinn. Sie nutzen ihre Gefolgsleute materiell und manchmal auch sexuell aus - die besonders talentierten bekommen das, was sie wollen, sogar aufgedrängt. Sie haben nicht notwendig einen luxuriösen Lebensstil, sondern investieren vorrangig in den Aufbau und das Wachstum von Unternehmen, die vorgeben, Erleuchtung zu verkaufen. Als Dharmalehrer verkleidete Asuras machen den Dharma - oder das, was sie dafür ausgeben - zu einer Ware, von deren Verkauf sie ihre Gelüste - welcher Natur auch immer - befriedigen. Und für die sie natürlich Werbung betreiben, oder branding.
Es ist durchaus angebracht, für buddhistische Wegsucher die Warnung auszusprechen, vor Asuras auf der Hut zu sein. Ein Charakteristikum für Asuras, ein deutliches Warnzeichen (wenn auch kein untrügliches Kennzeichen) ist Charisma. Gerade da ist sorgfältige und kritische Prüfung angebracht, bevor man sein Vertrauen und dann womöglich noch mehr verschenkt.
Ein zweiter fragwürdiger Aspekt ist natürlich grundsätzlich das sog. Tulku-System. Also die Rekrutierung von Kindern als vorgeblichen 'Reinkarnationen' verstorbener Amts- und Würdenträger als deren Nachfolger. Von dem dahinter stehenden, in buddhistischer Hinsicht zumindest zweifelhaften Glauben an eine persönliche Wiedergeburt einmal abgesehen (vg. dazu hier) handelt es sich vor allem um eine politische Strategie, die den Fortbestand und die Stabilität (bis hin zur Erstarrung) einer religiösen Elite sichert, indem sie durch Kooptation ergänzt wird - durch Aufnahme von Kindern in möglichst frühem Alter, die dann intensiv durch Angehörige der Elite und selbstverständlich streng in ihrem Sinne erzogen und geschult werden. Was so etwas für das Kind bedeutet, ist nicht die unbedeutendste der fragwürdigen Fragen in diesem Zusammenhang.
Eben dieser politische Aspekt spielt in dieser Domo-Geshe-Angelegenheit eine nicht unbedeutende Rolle. Dabei geht es natürlich nicht um Frau Quinn. Es geht um zwei Fraktionen innerhalb der tibetischen Gelugpa-Sekte, die einen erbitterten Machtkampf ausfechten, für den symbolisch die Figur des Dorje-Shugden steht. Der verstorbene Domo Geshe Rinpoche gehörte der traditionalistisch-fundamentalistischen 'Shugden-Fraktion' an und das soll nach Auffassung dieser Fraktion natürlich auch für seine 'Reinkarnation' gelten. Die dann wiederum der Dalai Lama als Exponent der 'Modernisten' natürlich aus gar nicht so schwer verständlichen Beweggründen nicht anerkennen mag - und natürlich 'findet' er dann auch die 'wahre' Reinkarnation Domo Geshes, setzt ihn ein und erkennt ihn an. Und sorgt natürlich für seine Erziehung und Ausbildung. Ähnliches gab es schon nach dem Tod des Karmapa - besonders delikat, weil es sich da nicht um eine Gelugpa-Angelegenheit handelte, in die der Dalai Lama Partei nehmend eingriff, sondern eine innere Angelegenheit der Karma Kagyü ...
Wie auch immer - natürlich hat dies, so ernst das Thema ist, auch durchaus seine komischen Aspekte. Und seine persönlichen. Anmerkung: Die beiden gestern geposteten Videos gelangten nicht zuletzt deswegen in diesen Blog, weil das eine für mich eine schöne Reminiszenz an meinen Parisaufenthalt letztes Jahr ist und das andere - singe ich selbst gelegentlich als Mitglied eines Gesangvereins. Ansonsten - ich konnte mir nicht helfen - hat mich das dann halt doch irgendwie an die Kontroverse um den wahren Heino erinnert.
Zur Erinnerung:
speziell der Aspekt multipler Reinkarnationen wird hier beleuchtet:
und der hier ist mein persönlicher Favorit:
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