Dienstag, 31. August 2010

Hilfe für Ladakh

Die erschreckenden Meldungen von den Überschwemmungen in Pakistan haben die Katastophe im benachbarten indischen Ladakh etwas aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verdrängt. Das hat sicher etwas mit der überwältigend großen Zahl der betroffenen Menschen in Pakistan zu tun, aber meines Erachtens nicht zuletzt auch etwas mit dem geopolitischen Interesse des Westens an Pakistan.

 Flutkatastrophen und das dadurch ausgelöste Elend kennen jedoch keine Grenzen. Am Freitag und heute erreichten mich zwei Emails einer Dharmaschwester -  zunächst aus Srinagar und dann heute aus Deutschland. Ich möchte Ihnen diese Nachrichten aus einer von den Medien und den großen Hilfsorganisationen weitgehend vergessenen Region hier zur Kenntnis geben - mit der Bitte um Hilfe.


Wie Ihr  wisst, haben wir alle in Ladakh eine sehr schwere Zeit durchgemacht. Wir haben die Angst, unter den aus den Bergen schießenden Schlammmassen  getötet zu werden, gemeinsam  aushalten müssen. Dann haben wir tagelang ohne Verbindung zur Außenwelt um das Wohl unserer Familien in Leh gebangt, geweint, gefürchtet. Unzählige Stunden habe ich am einzigen Telefon des Ortes, der fünf Tagesmärsche von der nächst erreichbaren Straße entfernt liegt, mit den  Frauen und Männern gehockt und auf Verbindung nach Leh gehofft und gebetet. Tausende Mantras sind über meine Lippen geflossen in der Hoffnung, meine Söhne in Leh mögen am Leben und wohl auf sein. Als dann endlich die erlösende Nachricht kam, dass Jonas und Mel gesund sind und in Leh dabei halfen, nach Vermissten zu  graben, hat das ganze Dorf meine Freudentränen geteilt und begleitet.

Dann begann ein fluchtartiger Rückweg . Mit drei Pferden und zwei wunderbaren jungen und mutigen Bauern aus Lingshed haben Ursel und ich uns durch die schlammspeienden Berge geschlagen. Die Flüsse waren durch den anhaltenden Regen so angeschwollen, dass wir nie wussten, ob wir sie heil überqueren konnten.

Am 20.8. erreichten wir das Kloster Lamayuru. Fünf fünftausender Pässe, unzählige Flussüberquerungen, Nächte im Regen voller Angst, großartige Fernblicke über die schneebedeckten Gipfel der Siebentausender, neun bis zehn Stunden zu Fuß und auf dem Rücken der Pferde täglich, lagen hinter uns. In Lamayuru warteten Jonas und Mel auf uns. Freude, Tränen, Erleichterung.  Nach über sieben Wochen eine heiße Dusche und ein richtiges Bett und etwas anderes zu essen,  als Reis und ein spinatähnliches Gemüse. Welch ein Luxus! Im Dukhang des Klosters verneigten wir uns tief vor den Buddhas.

Wir sind Zeugen einer Naturkatastrophe geworden. Wir haben erleben müssen, wie die Menschen die uns ans Herz gewachsen sind wie Geschwister, ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Wie sie auf der Flucht vor Wasser und Schlamm um ihr Leben rannten hinauf in die Berge und zusahen, wie ihre Häuser und ihr ganzer Besitz begraben wurden unter grauem Schlamm und rasenden Felsbrocken. Wir haben alles was wir noch hatten mit ihnen geteilt. Kleidung, Schuhe, Decken und und und. Wir haben unser Geld dagelassen, um die Not wenigstens ein wenig zu lindern. Wir haben getröstet und verzweifelt weinenden Freunden beigestanden.

Ich sitze am Flughafen von Srinagar in Kashmir während ich Euch diese Zeilen schreibe. Alle Flüge nach Leh/Ladakh sind gecancelt. Es regnet immer weiter und meine Augen füllen sich mit Tränen. In den nächsten Tagen schicke ich Euch ein paar Bilder dieser denkwürdigen Reise mit der dringenden Bitte auf ein Konto, welches ich in Deutschland einrichten werde, zu spenden. Ich selbst werde Sorge dafür tragen, das Euer Geld in die richtigen Hände gelangt.

Ich bin so dankbar, gesund, wenn auch mit Trauer im Herzen, zurück nach Hause zu kommen.
Ich grüße Euch von Herzen und freue mich, auf die Begegnungen mit Euch.
Anke

Einheimische und Touristen bilden Arbeitsketten
Liebe Freunde,
meine Söhne und ich sind wohlbehalten aus Ladakh zurückgekehrt. Wir sind dankbar, unversehrt von der schrecklichen Flut-Schlammkatastrophe wieder zu Hause angekommen zu sein. All die Eindrücke zu verarbeiten, wird sicher noch eine Weile dauern.

Wie in meiner mail aus Srinagar bereits angekündigt, schicke ich Euch/Ihnen hier die Spendenkontonummer zur Direkthilfe in Leh. Ich selbst werde Sorge dafür tragen, dass Euer/Ihr Geld in die richtigen Hände gelangt. Ich mache mir große Sorgen um meine Freunde vor Ort, zumal viele von ihnen im tibetischen Flüchtlingsdorf Choglamsar wohnen, was am Stärksten von den Schlamm-Fluten heimgesucht wurde. Nach neuesten Zahlen starben weit über 200 Menschen unter den Schlamm- und Trümmermassen, über 600 Personen werden noch immer vermisst. Die wunderbaren Menschen Ladakhs reagieren auf die Not mit ihrer zupackenden Einfachheit, aufopfernden Tatkraft und beeindruckenden Solidarität; ein Herzensthema aller mitfühlenden Menschen. Der lange und eisige ladakhische Winter naht und ich mag mir gar nicht vorstellen, wie die Menschen ohne Häuser und angemessene Kleidung und Decken zurecht kommen sollen.

Schlammmassen am und im Kinderheim


Das wertvolle Holz wird von den Kindern des Heimes gesammelt

 Kurz zum Hergang:
Bedingt durch sintflutartige Regenfälle in der Nacht auf den 6. August, kam es in der nordindischen Himalaya-Region Ladakh zu Überflutungen und Schlammlawinen. In den tiefer gelegenen Regionen des Industals um die Hauptstadt Leh, wurden unzählige Häuser weggerissen und es gab Todesopfer und Verletzte. Viele Einwohner stehen vor dem Nichts. Auch das Krankenhaus von Leh wurde von der mit zerquetschen Autos und riesigen Steinbrocken gefüllten Schlamm-Lawine extrem in Mitleidenschaft gezogen. Fast alle Räumlichkeiten haben sich mit bis zu einem Meter hohem Schlamm gefüllt, ob OP-Räume oder Kinderstation, annähernd der gesamte Maschinenpark ist zerstört. Die überlebenden Patienten wurden in der Nacht notdürftig evakuiert.

Krankenhaus Leh
Das tibetische Flüchtlingsdorf Choglamsar ist am Stärksten betroffen. Dort werden noch immer die meisten Menschen vermisst. Über 100 Menschen starben allein hier in der Schlammwelle in der Nacht zum 6.August. Die Aufräum - und Bergearbeiten werden noch Monate , wenn nicht Jahre, andauern.

Das Wetter in Ladakh ist noch immer sehr unbeständig, die Menschen leben voller Angst in Zelten in den umliegenden Bergen und beten Nacht für Nacht, dass der Regen aufhört.



Wenn Ihr/Sie Interesse habt, für die betroffenen Menschen vor Ort zu spenden ( auch kleine Beträge sind herzlich willkommen ), so bitte ich Euch/Sie dies zu tun auf unserem Direkthilfe-Konto unter dem Namen:

Schweitzer „Ladakh-Hilfe“
Konto: 204968039
BLZ:   37069840
Volksbank Wipperfürth-Lindlar


(keine Spendenquittung möglich!)

Ich werde die Gelder an vertrauenswürdige Ladakh-Hilfegruppen in Leh weiterreichen und einen Teil der Spenden gezielt betroffenen Personen und Familien vor Ort in Form der Direkthilfe übergeben. Über die Verwendung der gesamten Spendengelder werde ich Euch/Sie ausführlich informieren. Ich danke Euch/Ihnen für Euer/Ihr Vertrauen.

Anke Schweitzer





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