Wie vielen der Leserinnen und Leser dieses Blogs sicher bekannt ist, veranstaltet die DBU jährlich einen Kongress zu einem bestimmten Thema - dieses Jahr zu dem im Titel genannten. Ich bitte um Verständnis, wenn ich von diesem Kongress nicht ausführlich berichte - aus verschiedenen Gründen konnte ich ihn nur fragmentarisch verfolgen. Ich möchte mich hier auf meinen eigenen Beitrag beschränken - bzw. den dokumentierten Teil davon. Daher hier nur das Skript eines einführenden Vortrags zu einem Workshop "Umgang mit sexuellem Fehlverhalten in buddhistischen Gruppen". Der tatsächlich gehaltene Vortrag war dann aus Zeitgründen doch etwas kürzer als der hier wiedergegebene Text, das Fehlende wurde im folgenden Workshop ergänzt. Wer einschläferndes Dozieren und reichlich eingestreute 'Ääähs ...' zu ertragen in der Lage ist und über knapp 40 Minuten Zeit verfügt, mit der er nichts Besseres anzufangen weiss (z.B. eine Runde Zazen sitzen oder so ...), kann sich auch den Mitschnitt anhören. Und nein, der wird mit der Zeit nicht nur akustisch, sondern auch optisch nicht attraktiver, das eine Bild muss genügen.
Liebe Weggefährten, geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer,
ich freue mich sehr, dass Sie hier erschienen sind, um mich über ein Thema sprechen zu hören, von dem ich eigentlich nicht viel Ahnung habe - möglicherweise sogar weniger als Sie. Soll heißen, ich bin kein Fachmann auf diesem Gebiet. Also kein Sexualwissenschaftler, kein Psychologe, kein professioneller Moralphilosoph, kein Religionswissenschaftler oder Soziologe. Ich bin auch kein Dharmalehrer; ich schmeichle mir lediglich gelegentlich mit der Vorstellung, ein ernsthaft praktizierender Buddhist zu sein. Vielleicht ist es auch ganz gut, dass gerade zu diesem Thema hier kein Lehrender spricht, sondern ein Lernender - denn mit Dharmalehrern und mit den Erwartungen, die ihre Schüler an sie und an ihr Verhalten stellen - stellen dürfen, stellen sollten - werden wir uns im Folgenden ganz zentral beschäftigen müssen.
Glücklicherweise ist nun Sexualität ein Thema, mit dem sich nahezu jeder erwachsene Mensch meist mehr als weniger intensiv auseinandergesetzt hat und bei dem somit auch so gut wie niemand absolut inkompetent ist. Ich hoffe für Sie, dass das auch auf mich ein wenig zutrifft. Trotzdem möchte ich mich unserem Thema doch vorwiegend fragend nähern und hoffe, dass Sie mir dabei folgen werden. In der zenbuddhistischen Praxis spielt der Anfängergeist, Sho Shin, eine wichtige Rolle. Der Zenmeister Shunryu Suzuki sagte einmal, "im Geist des Anfängers gibt es viele Möglichkeiten, im Geist des Experten nur wenige". In diesem Sinne möchte ich Sie dazu einladen, mir mit offenem Anfängergeist beim Fragen zuzuhören und die Antworten, die ich präsentieren werde, als persönliche Ansichten und Meinungen eines Anfängers aufzufassen, nicht als Expertise eines Fachmannes, der glaubt, die Dinge besser beurteilen zu können als Sie.
Beginnen wir mit einer Frage, über die wir notwendig etwas Klarheit gewinnen müssen, bevor wir in die eigentliche Materie einsteigen - nämlich den
Umgang mit sexuellem Fehlverhalten in buddhistischen Gruppen. Das ist natürlich die Frage:
was genau ist in diesem Kontext eigentlich Fehlverhalten? Wie definieren wir es? Was dann wiederum unweigerlich die Frage nach sich ziehen wird: wo liegt eigentlich das Problem? - und ebenso unweigerlich: was geht das
uns eigentlich an? Anders formuliert: warum definieren wir bestimmte Verhaltensweisen als Fehlverhalten und sind diese Gründe hinreichend, uns als nicht unmittelbar von solchem Verhalten Betroffene einzumischen. Also mit diesem Verhalten "umzugehen", was ja in aller Regel heisst, es auf die eine oder andere Weise negativ zu sanktionieren. Solche Klärungen sind meines Erachtens unabdingbar, bevor wir Strategien des Umgangs mit sexuellem Fehlverhalten erörtern.
Auch, wenn es für diesen Zuhörerkreis sicherlich überflüssig ist, möchte ich doch voranschicken, dass trotz der sexuellen Abstinenz, die nach den Regeln des Vinaya ordinierte Nonnen und Mönche üben, der Buddhismus Sexualität keineswegs ablehnend gegenübersteht. Insbesondere die Verbindung von Sexualität, Sünde und Schuld ist dem Buddhismus fremd - wie das Konzept 'Sünde' überhaupt. Sexualität ist dessenungeachtet jedoch ein Aspekt menschlichen Verhaltens, der in ganz besonderem Maße von Anhaftung und Gier geprägt sein kann - eben dies ist auch der Grund, warum Vinaya-Ordinierte sich sexueller Handlungen gänzlich enthalten - bzw. sich zumindest dazu verpflichten. Diese Enthaltsamkeit gehört in den Rahmen größtmöglicher Vereinfachung der Lebensführung, ihrer Reduktion auf das absolut Notwendige, die die so Praktizierenden in der Auflösung von Anhaftungen unterstützt. Das bedeutet nicht, dass sexuelle Enthaltsamkeit für das buddhistische Heilsziel des Erwachens eine notwendige Bedingung ist - aber sie
kann eine große Hilfe sein. Ich verrate Ihnen sicher keine großartige Erkenntnis, wenn ich Ihnen sage, dass sexuelle Beziehungen - die ja in aller Regel ein nicht unerheblicher Aspekt von Partnerschaftsbeziehungen sind, das Leben kompliziert machen. Auf der anderen Seite können sie in einer echten Partnerschaft auch ein wertvolles Feld der Übung sein. Neben dem Weg der Abstinenz, der konsequenten Vermeidung
potentiell unheilsamen Verhaltens, steht eben auch - und ich möchte hier bewusst provokant sagen: gleichberechtigt - der Weg, den richtigen, den heilsamen Umgang mit diesem Verhalten einzuüben und zu erlernen, kurz: der Weg der Laien.
Beide Übungswege, der buddhistischer Ordinierter und der buddhistischer Laien, haben ihre eigenen, spezifischen Probleme; sie stellen den Praktizierenden in vielerlei Hinsicht (freilich nicht in jeder) vor unterschiedliche Anforderungen.
Jeder Buddhist, genauer: jeder, der formell die dreifache Zuflucht genommen hat, hat in irgendeiner Form auch zumindest fünf Selbstverpflichtungen auf sich genommen, die daher auch ganz zentraler Bestandteil des
buddhistischen Bekenntnisses der DBU als traditionsübergreifender Dachverband aller in Deutschland vertretenen buddhistischen Traditionen sind. Die dritte dieser Selbstverpflichtungen ist das Gelöbnis, von sexuellem Fehlverhalten abzustehen, in der Formulierung des für alle DBU-Mitgliedsgemeinschaften verbindlichen Bekenntnisses: "Ich übe mich darin, keine unheilsamen sexuellen Handlungen zu begehen".
Was nun genau unter sexuellem Fehlverhalten, dem hier entsagt wird, zu verstehen ist, das ist in einer Hinsicht sehr einfach zu beantworten, in anderer deutlich schwieriger. 'Einfach' ist es für Mönche und Nonnen, deren Verhalten bis ins Detail und völlig unmissverständlich durch den Vinaya geregelt ist; einschließlich der bei Verstößen gegen diese Regeln zu ergreifenden Maßnahmen und der daraus zu ziehenden Konsequenzen. Um Missverständnisse auszuschließen: selbstverständlich gilt dies für alle historischen und insbesondere die drei heute noch gebräuchlichen Vinayas, mithin für Mönche und Nonnen
aller buddhistischen Traditionen. Die Regeln der Vinayas sind in dieser Hinsicht nahezu identisch, sie sind so klar und eindeutig, dass sie uns eigentlich der Mühe entheben würden, im Zusammenhang mit unserem Thema über sexuelle Verfehlungen von Vinaya-Ordinierten und den Umgang damit zu sprechen - wenn sie denn immer mit der gleichen Klarheit und Eindeutigkeit konsequent angewandt würden. Aber stellen wir diesen Aspekt für den Moment zurück und sprechen über den Bereich, wo die Sachlage bei weitem nicht so klar und eindeutig ist - also über Rest der vierfachen Versammlung, die Upasikas und Upasakas oder Laien, wie ich sie im Folgenden der Einfachheit halber bezeichnen were, auch wenn dieser Ausdruck etwas schief ist. Zunächst ist hier schon einmal der Hinweis angebracht, dass bei Menschen, die sich der Lehre des Buddha annähern, hier häufig Unklarheiten bestehen. So ist vielen dieser 'Neulinge' nicht bekannt, dass zum Beispiel nahezu alle sog. 'Zen-Mönche' oder 'Zen-Nonnen' eben keine Bhikshu oder Bhikshuni sind, also Mönche bzw. Nonnen im Sinne von nach dem Vinaya Ordinierten, auch wenn sie Roben tragen. Bei den sog. Kamakura-Schulen Japans wie bei der älteren Tendai-Schule, aus der die Begründer der Kamakura-Schulen hervorgingen, d.h. praktisch bei allen größeren japanischen Traditionen, ist die Vinaya-Ordination eher eine Ausnahme. Anders als im koreanischen Zen oder Sôn, wo sie die Regel ist. Auch im tibetischen Buddhismus sind viele Lehrer - auch hochrangige - nicht nach dem Vinaya ordiniert; noch mehr waren es einmal und sind irgendwann in den Laienstand eingetreten. Für den Nichteingeweihten ist dies oft sehr schwer zu durchschauen und hier ist ein hohes Maß an Transparenz und Klarheit wünschenswert. Nicht, weil Laien per se weniger wertvolle oder weniger verwirklichte Lehrer sind, sondern weil jemand, der einen Lehrer oder eine Lehrerin prüft, auch wissen sollte, welche Selbstverpflichtungen sie auf sich genommen haben und welche nicht. Das ist in Hinsicht auf den Lebenswandel von entscheidender Bedeutung. Daher mein Appell an die, die es angeht: setzen Sie sich in Ihren Gemeinschaften für Klarheit und Transparenz in dieser Beziehung ein.
Ansonsten lässt sich feststellen, dass in Bezug auf Laien das Verständnis von sexuellem Fehlverhalten weitgehend kulturell bestimmt ist, also historischem und geographischem Wandel unterliegt. In dieser Hinsicht sollten wir auch unsere eigenen Ansichten durchaus kritisch hinterfragen. Da wird beispielsweise der Gebrauch 'unpassender' Körperöffnungen genannt, womit offensichtlich Oral- und Analverkehr gemeint ist. So etwa im Abhidharmakośa-bhāsya. Dieses führt auch 'unpassende' Zeiten für sexuellen Verkehr an, etwa während der Schwangerschaft. Das im chinesischen Tripitaka überlieferte Shansheng jing, ein Sutra, das sich der ethischen Praxis von Laien widmet, zählt u.a. nicht nur den Besuch von Bordellen, sondern auch den Gebrauch von Hilfsmitteln oder Sexspielzeug zu sexuellem Fehlverhalten. Der im tibetischen Buddhismus hochverehrte Gampopa beurteilte homosexuellen Verkehr als Fehlverhalten; eine Einschätzung, die auch der aktuelle Dalai Lama noch zu teilen scheint usw. usf. - dies nur als kleine Blütenlese.
Wir im Westen sind uns heute - ein halbes Jahrhundert nach der sog. sexuellen Revolution - der Bedingtheit und Veränderlichkeit solcher sexualmoralischen Normen in der Regel bewusst. Ein solches Bewusstsein von Unbeständigkeit und kultureller Bedingtheit moralischer Normen, ihrer Relativität, ist meines Erachtens durchaus begrüßenswert, bedeutet es doch nicht zwangsläufig die
Abwesenheit einer Moral, sondern es kann uns den Blick auf tiefere Quellen der Moral, jenseits bloßer gesellschaftlicher Konventionen öffnen. Hilfreich ist dabei - das sollte hier niemanden wundern - ein Blick auf die Worte Buddhas, wie sie in den zeitnähesten Quellen überliefert sind. Da finden wir, wenn Buddha zu Laien über sexuelles Fehlverhalten spricht, eine Standardformel:
"Er übt Fehlverhalten bei Sinnesvergnügen; er hat Geschlechtsverkehr mit Frauen, die unter der Obhut der Mutter, des Vaters, von Mutter und Vater, des Bruders, der Schwester oder der Verwandten stehen, mit Frauen, die einen Ehemann haben, die vom Gesetz geschützt sind, und sogar mit jenen, die den Schmuck der Verlobten tragen."
Auch dies ist natürlich eine Formulierung, die den Stempel ihrer Zeit trägt; einer Zeit, in der Frauen fast ausschließlich als Objekt sexuellen Fehl- oder Wohlverhaltens gesehen wurden und in der die Gesellschaft einen extrem patriarchalischen Charakter hatte. Frauen wurde nicht nur keine sexuelle Selbstbestimmung zugestanden, sie galten grundsätzlich nicht als rechtlich autonom. D.h. eine Frau stand praktisch immer unter Vormundschaft - der des Vaters, der des Gatten oder als Witwe der eines männlichen Verwandten, ggf. eines volljährigen Sohnes. Nur nebenbei - in dieser Rechtsunmündigkeit von Frauen liegt auch der tiefere Grund für die Unterstellung des Nonnenordens unter den Männerorden; diese Vormundschaft war eine Unterschutzstellung der ansonsten - da von familiären Bindungen freien - rechtlosen ordinierten Frauen. Es versteht sich von selbst, dass dieses Unterordnungsverhältnis spätestens in unserer heutigen Welt sinnlos und überflüssig geworden ist. Doch zurück zu unserem Thema. Um den Sinn hinter Buddhas durch die historischen kulturellen Bedingungen geprägten Formel zu erkennen, vergegenwärtigen wir uns die Systematik von Buddhas ethischen Empfehlungen: Es geht um Handlungen mit Körper, Sprache und Geist. Die ersten drei der Sila betreffen Handlungen mit dem Körper und das ethische Prinzip, das gerade bei den heilsamen körperlichen Handlungen deutlich zutage tritt ist dasselbe: Ahimsa, Nicht-Verletzen.
Geht es bei der ersten Sila um körperliches Nicht-Verletzen, um das Respektieren körperlicher Unversehrtheit, so geht es bei der zweiten um Respektieren von Eigentum und Besitz. Wenn wir uns klar machen, dass Eigentum und Besitz ursprünglich und grundsätzlich dem Lebensunterhalt dienen, womöglich dem Überleben, so wird der Bezug zu Ahimsa, zum Nicht-Verletzen, deutlich. Die dritte Sila nun, die uns hier ganz speziell interessiert, ist wiederum ein Stück subtiler. Sie ist offensichtlich auf das Respektieren, das Nicht-Verletzen sozialer Beziehungen gerichtet. Hier setzen dann auch die folgenden Sila an - also an die Störung oder Zerstörung sozialer Beziehungen mit dem Instrument des Körpers schließt die wiederum einen Schritt subtilere Verletzung sozialer Beziehungen mit dem Instrument der Sprache an usw. .
Ich denke, hier stoßen wir auf den Kern der buddhistischen Sexualmoral, dem wir eine überzeitliche, von historischen, geographischen und kulturellen Bedingungen unabhängige Gültigkeit zuweisen können. Es geht nicht darum, einzelne sexuelle Orientierungen, Verhaltensweisen oder Praktiken als moralisch oder unmoralisch einzustufen und sie entsprechend zu pflegen oder doch zuzulassen bzw. sie als unmoralisch zu verdammen. Es geht darum, mit unserem Sexualverhalten soziale Beziehungen nicht zu stören oder gar zu zerstören. Das betrifft nicht nur die Beziehung zwischen den Sexualpartnern selbst, sondern auch die sexuellen oder nicht-sexuellen Beziehungen, die diese jeweils mit Anderen haben. Das ist das Übungsfeld der dritten Sila, wo wir uns in der Vermeidung unheilsamen sexuellen Verhaltens üben. So trivial dieses Ergebnis unserer Untersuchung sein mag - so schwierig ist es doch für nicht zölibatär Lebende, diese simple Vorgabe in ihrer alltäglichen Praxis umzusetzen. Das Problem des Umgangs mit der eigenen Sexualität ist hier nicht geringer als bei Ordinierten, die sich zu sexueller Abstinenz verpflichten - es ist nur ein anderes.
Kommen wir nun zur bereits eingangs angekündigten Fragestellung: wo liegt eigentlich das Problem? - und: was geht das uns an?
Jeder von Ihnen, der nicht gerade zölibatär lebt, wird mir aus eigener Erfahrung zustimmen können, dass zwischenmenschliche Sexualität ein Problemgenerator erster Güte ist. Das ist selbstverständlich auch speziell im Kontext buddhistischer Gemeinschaften nicht anders. Aber dort wie auch in anderen sozialen Settings, also beispielsweise im beruflichen oder privaten Umfeld, sind solche Probleme erst einmal Privatsache der Beteiligten, in die man sich allenfalls mit Zustimmung und auf Aufforderung der Betroffenen als Ratgeber einmischen sollte. Anders sieht die Sache schon aus, wenn die Betroffenen nicht auf gleicher Augenhöhe stehen, wenn also eine sexuelle Beziehung zwischen zwei Personen, zwischen denen ein deutliches Autoritätsgefälle oder gar Machtgefälle vorliegt, zum Problem wird. Ganz einfach, weil es dann eine schwächere und eine stärkere Seite gibt, also eine Ungleichheit besteht, die in aller Regel vom stärkeren Teil zu seinem Vorteil genutzt wird. Ein sehr deutliches Autoritätsgefälle ist in buddhistischen Gemeinschaften eigentlich als Regelfall zu bezeichnen – es besteht zwischen Lehrenden und Lernenden. Dass es sich dabei in aller Regel um eine spirituelle Autorität handelt – aus der allerdings häufig auch eine Autorität auf anderen Gebieten abgeleitet wird bis hin zur Bestimmung über die Verwendung materieller Ressourcen – macht das Gefälle im sozialen Interagieren, also für die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler, nicht weniger bestimmend - wenn auch nicht gleich notwendig problematisch.
Ich habe soeben bewusst von dem Fall gesprochen, dass eine solche Beziehung zum Problem wird – möchte aber auch zu bedenken geben, ob nicht sexuelle Beziehungen zwischen nicht ranggleichen Partnern das eigentliche Problem schon sind. Ich hatte vor einigen Sätzen das Berufsleben erwähnt, wo sexuelle Beziehungen zwischen Vorgesetzten und nachgeordneten Mitarbeitern grundsätzlich als problemträchtig gelten. Dabei muss es sich gar nicht um Übergriffe oder das Ausnutzen einer überlegenen Position in der Hierarchie handeln – selbst bei einer einvernehmlichen sexuellen Beziehung kursieren im Umfeld, also bei den Kollegen, in aller Regel früher oder später Anschuldigungen von Begünstigung bzw. dem Austausch Karriereförderung gegen sexuelle Gefälligkeiten. Dies ist ein sehr drastisches Beispiel für die Störung oder Zerstörung sozialer Beziehungen – üblicherweise mit dem nüchternen Etikett "Störung des Betriebsfriedens" versehen.
Der Bezug zu buddhistischen Gemeinschaften liegt da gar nicht so fern. Aus den USA ist mir zumindest ein Fall bekannt, wo ein – übrigens verheirateter – prominenter Zenlehrer eine seiner Schülerinnen und Geliebten zu seiner Dharmanachfolgerin machte, ihr also die Lehrbefugnis erteilte. Ich glaube, es ist jedem hier verständlich, dass diese Beziehung selbstverständlich geheim war und es lange auch blieb. Diese ehemalige Schülerin hat später – als gestandene Dharmalehrerin – offen über den unheilsamen Aspekt der Beziehung zu ihrem Lehrer gesprochen. Und auch darüber, dass sie ihre Schuldgefühle gegenüber der Familie ihres Lehrers, Ehefrau und Kind, in einer längeren Therapie verarbeiten musste. Man kann sich vorstellen, welches Vertrauen ihre eigenen Schüler ihr entgegen gebracht hätten, wenn schon zu Beginn ihrer 'Karriere' das ehebrecherische Verhältnis mit dem sie autorisierenden Lehrer bekannt gewesen wäre. Bzw. sich fragen, ob überhaupt jemals Schüler zu ihr gefunden hätten. Und man kann sich auch vorstellen, wie manche ihre Mitschüler die 'Beförderung' zur Lehrerin aufgenommen hätten, wären sie sich über die Natur der persönlichen Beziehung zwischen ihrem Lehrer und ihrer Mitschülerin im Klaren gewesen
Eine andere Parallele als die zur Berufswelt ist hier jedoch meines Erachtens noch naheliegender und bezeichnender. Man kann nach meiner Auffassung das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler als ein therapeutisches Verhältnis auffassen – Duhkha, des Leiden, ist das Symptom einer kognitiven Fehlhaltung, der Verblendung, die durch Einsicht in die Natur des Leidens, seine Ursachen und die geeignete Behandlung dieser Ursachen geheilt werden kann. Es liegt in der Natur einer therapeutischen Beziehung, dass sich bei dem Therapierten in aller Regel eine tiefe emotionale Bindung zum Therapeuten entwickelt. Eine Beziehung, die verletzlich macht und missbraucht werden kann. In gleicher Weise muss eine Schüler-Lehrer-Beziehung auf emotionaler Offenheit und vor allem auf Vertrauen basieren, wodurch sie in gleicher Weise anfällig wird.
Dass man sich nicht Jedem – und sei es ein renommierter buddhistischer Lehrer – vorbehaltlos und ohne gründliche Prüfung öffnen sollte, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aber auch eine Vorbedingung, die von Suchenden nur zu oft bedenkenlos über Bord geworfen wird. Das hat etwas mit der Euphorie des Neubeginns zu tun, einem Zustand, der einem frischen 'Verliebt-Sein' nicht unähnlich ist und leicht damit verwechselt werden kann. Aber auch bei einer länger andauernden Schüler-Lehrer-Beziehung entwickelt sich idealerweise ein Gefühl tiefer Vertrautheit und eine emotionale Bindung, die durchaus auch als erotische Anziehung erlebt werden kann. In der Psychotherapie ist dieses sog. Übertragungs-Phänomen wohlbekannt und selbstverständlich ist es Pflicht des Therapeuten, solche Gefühle nicht in gleicher Weise zu erwidern sondern professionelle Distanz zu wahren. Zwar über diese Gefühle offen zu sprechen und sich gemeinsam mit dem Patienten um ein Verständnis dieser Empfindungen zu bemühen, aber in keinem Fall aus der Arbeitsbeziehung eine private, gar sexuelle Beziehung werden zu lassen. Aus gutem Grund ist ein Verstoß gegen diesen Grundsatz nicht etwa nur ein Kunstfehler, sondern eine besonders schwerwiegende Verletzung berufsethischer und berufsrechtlicher Vorgaben. Sanktioniert wird eine solche Verfehlung, bei der es sich um einen Missbrauch des Vertrauensverhältnisses handelt, nicht nur durch Ehrengerichtsverfahren; der Mißbrauch des Behandlungsverhältnisses zur Vornahme sexueller Handlungen wird nach § 174c StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet.
Diese massive Sanktionierung zeigt, wie ernst der Gesetzgeber die Ausnutzung bzw. den Missbrauch eines solchen besonderen Vertrauensverhältnisses nimmt – nicht zuletzt wegen der Ernsthaftigkeit der damit in aller Regel verbundenen psychischen Verletzungen. Nun mag im Vergleich dazu ein buddhistisches Lehrer-Schüler-Verhältnis nicht in gleichem Maße anfällig sein für das Entstehen einer erotischen Faszination, die dann missbraucht werden kann, doch die Analogie ist meines Erachtens augenfällig. Auch von einem Dharmalehrer darf und muss man in einer solchen Situation Verantwortungsgefühl und entsprechendes Handeln erwarten. Es gibt von dem bereits eingangs zitierten Zenmeister Shunryu Suzuki eine bezeichnende Anekdote. Als ihm eines Tages eine Schülerin gestand, sie habe sich in ihn verliebt und fühle sich deswegen verunsichert, sagte ihr Suzuki, sie möge diese Gefühle ruhig zulassen – er habe genug Disziplin für sie beide.
Einen wesentlichen Unterschied zwischen der Patienten-Therapeuten-Beziehung und der Schüler-Lehrer-Beziehung gibt es freilich: anders als bei Psychotherapeuten liegt bei der Beziehung zwischen einem Dharmalehrer und seinen Schülern kein Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnis im Sinne des Strafgesetzbuches vor.
Das ist ein für unser Thema eminent wichtiger Aspekt. Ganz bewusst ist im Titel meines Vortrages die Rede von sexuellem Fehlverhalten, nicht von sexuellem Missbrauch. Sexueller Missbrauch ist ein Straftatbestand – die Probleme, die uns hier beschäftigen, liegen im Allgemeinen unter dieser Schwelle. Ganz konkret: die Fälle, die die katholische Kirche seit einiger Zeit so in Bedrängnis bringen – also in erster Linie Kindesmissbrauch – sind eher nicht unser Problem. Gottseidank, möchte ich mit einem kleinen Augenzwinkern hinzufügen. Womit wir es in aller Regel zu tun haben, das sind sexuelle Beziehungen zwischen mündigen Erwachsenen, die von den Strafverfolgungsbehörden in aller Regel als einvernehmlich eingeschätzt werden. Also rechtlich bewertet allenfalls moralische Verfehlungen, die jedoch Polizei und Staatsanwaltschaft nicht interessieren.
Um nicht missverstanden zu werden – ich will durchaus nicht den Eindruck erwecken, unter Buddhisten seien sexuelle Straftaten undenkbar. Erst letzten Monat wurde in England ein hochrangiger Theravada-Mönch wegen sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen angeklagt, ebenfalls letzten Monat aus gleichem Anlass eine Klage in Chicago erhoben. Durchaus keine Einzelfälle, auch wenn wir in Deutschland bislang meines Wissens von solchen Skandalen verschont blieben. Aber solche Vorkommnisse sind nun wiederum nicht wirklich unser Problem – so lange wir nicht versuchen, solche kriminelle Taten aus missverstandener Solidarität zu decken, sondern ggf. an ihrer schonungslosen Aufklärung mitarbeiten und den Opfern tätiges Mitgefühl bieten. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, hier der staatlichen Justiz ihren Lauf zu lassen und gar nicht erst den Versuch zu machen, solche gravierenden Rechtsbrüche mit Rücksicht auf die öffentliche Meinung intern zu bewältigen. Hier heisst es, aus den Fehlern der Kirche zu lernen.
Wo liegt also das eigentliche Problem, wenn wir uns auf sexuelles Fehlverhalten, das strafrechtlich nicht relevant ist, konzentrieren wollen? Es liegt natürlich in erster Linie in den von den Opfern erlittenen psychischen Verletzungen – Überwindung von Duhkha kann und sollte auch auf dieser Ebene solidarisch geübt werden. Ein anderer wenn auch weniger wichtige Aspekt ist die schon angesprochene Wirkung auf die Öffentlichkeit – auch hier können wir von der Kirche lernen, welch verheerende Wirkung auf das Vertrauen in diese Institution weniger die Missbrauchsfälle selbst als Vertuschungsversuche oder auch nur das Ignorieren haben. Auch hier gibt es ein entsprechendes 'buddhistisches' Beispiel aus den USA. Als in den letzten Jahren in einem größeren Kreis bekannt wurde, dass ein renommierter Zenlehrer jahrzehntelang immer wieder unheilsame sexuelle Beziehungen zu Schülerinnen unterhielt, so richtete sich die herbe Kritik der Öffentlichkeit nicht nur gegen den Lehrer selbst und sein Zentrum, sondern auch gegen andere Zenlehrer, denen das unheilsame Verhalten dieses Mannes schon seit Jahren bekannt war, ohne dass sie wirksam dagegen eingeschritten wären, indem sie es öffentlich gemacht hätten. Hier hatte ganz offensichtlich die 'peer control' versagt. Letzteres – das Ignorieren und Wegschauen - war nach meiner Beobachtung für das Ansehen des Dharma noch schädlicher als das sexuelle Fehlverhalten selbst. Wobei uns als Buddhisten dieses Ansehen natürlich gleichgültig sein könnte und auch sollte, wenn es dabei nur um unser Selbstwertgefühl ginge. Wesentlich ist hier jedoch, dass der Vertrauensschaden, den der Dharma hier erleidet, Menschen davon abhält, sich dem heilsamen und befreienden Weg Buddhas zuzuwenden - oder gar Menschen, die diesen Weg betreten haben veranlasst, sich von ihm wieder abzuwenden.
Was also ist zu tun, wie sollte unser Umgang mit sexuellem Fehlverhalten von Dharmalehrern aussehen? Ich möchte hier zunächst einen bekannten Vers aus dem Visuddhimagga zitieren: "Das Leiden gibt es, doch kein Leidender ist da. Die Taten gibt es, doch kein Täter findet sich." Dieser Vers, der sich auf die Anatman-Lehre bezieht, den buddhistischen Kerngedanken, sollte uns verdeutlichen, dass wir es nach Möglichkeit vermeiden sollten, in Kategorien von Opfer und Täter zu denken – was mit sich bringt, auch nicht in Kategorien von Vergeltung, Strafe oder gar Rache zu denken. Wenn wir das außer acht lassen, geraten wir in Gefahr uns selbst zu schaden, uns selbst zum Opfer des unheilsamen Geschehens zu machen. Positiv ausgedrückt: wir sollten die Unheilsamkeit der Situation ins Auge fassen, ihre Ursachen und Bedingungen erkennen und benennen und unsere Energie darauf wenden, das Unheilsame der Situation zu neutralisieren und nach Möglichkeit ins Heilsame zu wenden. Auf die Gefahr hin, Sie zu enttäuschen – mehr kann zumindest ich Ihnen nicht empfehlen. Wie dies im konkreten Fall umzusetzen ist, ist eine Frage Ihrer ureigenen buddhistischen Praxis. Seien Sie mitfühlend, seien Sie achtsam und aufmerksam, geben Sie ihren kritischen Verstand nicht an der Garderobe des Tempels oder des Dharmazentrums ab.
Ansonsten möchte ich hier, statt selbst kluge Ratschläge zu geben, einfach einen kleinen Auszug aus einem Offenen Brief an die buddhistische Gemeinschaft zitieren, der anläßlich eines Treffens von über 20 westlichen buddhistischen Lehrern aus unterschiedlichen Traditionen mit dem Dalai Lama im Jahre 1993 von diesen gemeinsam verfasst und unterzeichnet wurde:
"Jeder Student muss ermutigt werden, verantwortliche Maßnahmen zu ergreifen, um Lehrer mit unethischen Aspekten ihres Verhaltens zu konfrontieren. Zeigt der Lehrer kein Zeichen der Änderung, sollten Studenten nicht zögern, jegliches unethische Verhalten, für das es unwiderlegliche Beweise gibt, öffentlich zu machen. Dies sollte geschehen ohne Rücksicht auf wohltätige Aspekte seiner oder ihrer Arbeit wie auch auf die eigene spirituelle Verpflichtung diesem Lehrer gegenüber.
Es sollte auch in jeder Veröffentlichung klargestellt werden, das solch ein Verhalten nicht im Einklang mit der buddhistischen Lehre ist. Ganz gleich, welchen Grad spiritueller Entwicklung ein Lehrer erlangt hat oder beansprucht erlangt zu haben; keine Person kann über der Norm ethischen Verhaltens stehen. Um den Buddhadharma nicht in Verruf zu bringen und um Schaden von Studenten und Lehrern abzuwenden ist es notwendig, dass alle Lehrer zumindest nach den fünf Laiengelübden leben. In Fällen, wo ethische Standards verletzt wurden, sollte dem Studenten wie auch dem Lehrer mit Mitgefühl und Fürsorge begegnet werden."
Eine andere Frage, auf die ich nun noch ihre Aufmerksamkeit lenken möchte, ist die, wie die DBU als traditionsübergreifender Dachverband der Buddhisten Deutschlands mit dieser Problematik umgehen soll. Vielleicht kennen sie die
Orientierungshilfe der DBU "heilsame und unheilsame Strukturen in Gruppen" – ein sehr empfehlenswertes Papier, das jedoch den Mangel hat, dass es zwar Suchende davor bewahren kann, sich unseriösen Gruppen anzuschließen – falls es denn von diesen gelesen wird – aber der DBU keine Handhabe bietet, aktiv gegen unheilsame Strukturen tätig zu werden. Bislang hat die DBU bzw. der Rat der DBU als ausführendes Gremium in solchen Fällen eher ad hoc – fast möchte man sagen, aus dem Bauch heraus – eher
reagiert als
agiert. Ich denke, das Bewusstsein für die Problematik ist mittlerweile so geschärft, dass die DBU den ernsthaften Versuch machen sollte, einen Schritt weiter zu gehen.
Was wir dazu brauchen, sind zunächst einmal verbindliche Verhaltensrichtlinien - ähnlich, wie es sie z.B. in Berufsverbänden von Psychologen und Psychotherapeuten gibt. Anders gesagt, wir brauchen einen Ethikkodex, der für die der DBU angeschlossenen Mitgliedsverbände verbindlich sein sollte – was natürlich bedeutet, dass wir in Bezug auf einen solchen Kodex auch einen breiten Konsens in der DBU herbeiführen müssen. Dies kann jedoch nur der erste Schritt sein – wenn ein solcher Kodex mehr wert sein soll als das Papier, auf dem er steht, brauchen wir auch Prozeduren, also festgelegte Verfahren, die wir anwenden, wenn gegen den Kodex verstoßen wird. Auch hier ist es selbstverständlich notwendig, einen möglichst breiten Konsens herbeizuführen. Schließlich brauchen wir selbstverständlich auch einen institutionellen Rahmen, also ein Gremium, das nach den vorgegebenen Prozeduren vorgeht und in dem Personen mit einem breiten Spektrum von Kompetenzen vertreten sein müssen – mit tiefgehenden Kenntnissen, die verschiedenen buddhistischen Traditionen betreffend, mit Kompetenz auf psychologischem Gebiet und dem der Mediation, nicht zuletzt auch mit juristischem Sachverstand.
Es liegt nahe, dass der Ethikkodex auf der Grundlage der fünf schon eingangs erwähnten ethischen Selbstverpflichtungen – in dem vorhin zitierten offenen Brief wird von 'Laiengelübden' gesprochen – erarbeitet werden sollte. Nicht zuletzt, weil diese als Teil des buddhistischen Bekenntnisses bereits für alle DBU-Mitglieder verbindlich sind, unser gemeinsames ethisches Fundament darstellen. Wir müssen hier nicht das Rad völlig neu erfinden, es existieren bereits einige solcher Richtlinien, vor allem in den USA und – wenig überraschend – vor allem in Gemeinschaften, die in der Vergangenheit besonders von Skandalen gebeutelt wurden. Ein Ansporn und eine Inspiration für die Formulierung eines Ethikkodexes, auf die wir gerne verzichten können. Selbstverständlich soll es in diesem Kodex nicht nur um
sexuelles Fehlverhalten gehen, sonst könnten wir uns auf die dritte Selbstverpflichtung beschränken. Sich nicht nur auf die dritte Sila zu beschränken ist auch sinnvoll – ich sage Ihnen sicher nichts Überraschendes, wenn ich darauf verweise, dass unheilsamer Umgang mit Geld kaum weniger skandalträchtig ist als der mit Sex. Die spezielle Problematik für uns liegt nun darin, ein Modell zu entwerfen, das nicht nur für eine bestimmte Tradition tragfähig ist – wie die erwähnten amerikanischen Beispiele – sondern eben auch traditionsübergreifend. Ein nicht geringes Problem dürfte hier die Bewertung tantrischer Sexualpraktiken sein, die ja durchaus nicht
nur visualisiert werden. Hier sind wir in besonderem Maße auf Unterstützung und Mitarbeit von Kennern der Materie angewiesen.
Ich denke, es wird deutlich, dass es da ein ziemlich dickes Brett zu bohren gilt. Was nun die nächste Stufe angeht – die Vorgehensweisen und Prozeduren – so sollten diese eskalierbar angelegt sein, wobei die Mittel einer Stufe zunächst ausgeschöpft werden müssen, bevor bei Nichterfolg zur nächsten übergegangen wird. Sicherlich ist die dadurch mögliche Verzögerung des Heilungsprozesses nachteilig, doch ist dies zur Vermeidung von Über- oder Fehlreaktionen notwendig.
Idealerweise sollte man zunächst mit dem Versuch ansetzen, die betroffenen Parteien in einem geschützten Rahmen miteinander ins Gespräch zu bringen und so auf einen Wandel der Situation hinzuwirken. In ernsteren Fällen oder wenn so keine Klärung möglich ist, muss die Situation genau untersucht werden; zur Absicherung weiteren Vorgehens müssen Aussagen gesammelt werden. Weitere denkbare Eskalationsmöglichkeiten sind dann beispielsweise eine nicht-öffentliche Warnung, eine öffentliche Rüge und schließlich auch ein Ausschluss aus der DBU (wenn es sich um ein Mitglied handelt) bzw. eine öffentlich ausgesprochene Distanzierung von einer bestimmten Person oder einer bestimmten Gemeinschaft. Es versteht sich, dass solche Konsequenzen mit Öffentlichkeitswirkung nur bei Vorliegen stichhaltiger Beweise, eidesstattlicher Erklärungen oder Ähnlichem in Frage kommen.
Ich möchte diesen Vortrag nicht abschließen, ohne unseren höchsten und unübertroffenen Lehrer zu Wort kommen zu lassen – Worte, aus denen wir etwas über den heilsamen Umgang miteinander lernen können. Nicht zuletzt auch über heilsamen Umgang mit Sexualität.
"Auf sich selbst achtend achtet man auf die anderen. Auf die anderen achtend, achtet man auf sich selbst. Und wie achtet man, auf sich selbst achtend, auf den anderen? Durch Pflege, durch Entfaltung, durch häufiges Tun. So achtet man, auf sich selbst achtend, auf den anderen. Und wie achtet man, auf den anderen achtend, auf sich selbst? Durch Geduld, durch Gewaltlosigkeit, durch Liebe, durch Teilnahme. So achtet man, auf den anderen achtend, auf sich selbst.
'Ich werde auf mich achten', so sind die Pfeiler der Achtsamkeit zu pflegen. 'Ich werde auf die andern achten', so sind die Pfeiler der Achtsamkeit zu pflegen. Auf sich selbst achtend, achtet man auf die anderen, auf die anderen achtend, achtet man auf sich selbst".
In diesem Sinne: Geben Sie auf sich acht. Geben Sie auf die Anderen acht. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.